Ein Oberleitungs-Lkw fährt auf einem eHighway auf einer öffentlichen Straße in Schweden
15.05.2018 | Olaf Thiel

Der E-Highway geht in eine neue Phase

Elektrisch betriebene Lkw sind eine Möglichkeit, den Gütertransport klimafreundlicher und umweltschonend zu gestalten. Nach Schleswig-Holstein und Hessen entsteht nun auch in Baden-Württemberg eine Teststrecke für den E-Highway – auf einer Bundesstraße.

Der Straßengüterverkehr verursacht heute rund 30 Prozent der CO2-Emissionen im deutschen Verkehrssektor. Und die Prognosen gehen von einem weiteren Wachstum von bis zu 40 Prozent bezogen auf das Jahr 2010 aus. Vor diesem Hintergrund müssen auch Lkw auf CO2-arme oder gar neutrale Antriebstechnologien umgestellt werden. Eine Maßnahme sieht den E-Highway, also den Einsatz von Oberleitungs-Lkw, vor. Bis Ende 2019 soll dazu eine Teststrecke für schwere Lkw mit elektrischem Antrieb auf zwei Teilstücken der Bundesstraße 462 zwischen den Ortschaften Obertsrot und Kuppenheim mit einer Gesamtlänge von sechs Kilometern in beiden Fahrtrichtungen für drei Jahre in Betrieb gehen.

Premiere für Bundesstraße

Beim Projekt „eWayBW“ wird das System der Oberleitung erstmals auf einer Bundesstraße mit Ortsdurchfahrten erprobt. Der Teilabschnitt zeichnet sich durch eine besondere Tallage aus und steht beispielhaft für die besonderen Anforderungen auf Bundesstraßen mit anspruchsvollen straßenbaulichen Verhältnissen. Das Bundesumweltministerium unterstützt das Projekt mit rund 17 Millionen Euro und fördert bereits den Aufbau von zwei Teststrecken für Elektro-Lkw in Hessen und Schleswig-Holstein. Im brandenburgischen Groß-Dölln existiert bereits eine nicht-öffentliche Teststrecke.

Test vom E-Highway unter realen Bedingungen

Für das Projekt kooperiert die Landesregierung von Baden-Württemberg mit mehreren regionalen Unternehmen und Speditionen. Es ist geplant, auf der Pilotstrecke künftig rund um die Uhr über 500.000 Tonnen Papier und Pappe von Obertsrot in ein Logistikzentrum nach Kuppenheim zu transportieren. In Summe werden die eingesetzten Lkw-Flotten damit jährlich über 250.000 km im Bereich der Oberleitungen zurücklegen. In einer virtuellen Testfahrt kann man bereits dem Streckenverlauf folgen.

Im Juni 2016 ging der erste E-Highway auf einer öffentlichen Straße in Schweden in Betrieb. Foto: Siemens

Im Juni 2016 ging der erste E-Highway auf einer öffentlichen Straße in Schweden in Betrieb. Foto: Siemens

Ausgeklügeltes System

Bei den eingesetzten Fahrzeugen handelt es sich um Hybrid-Lkw. Ein Stromabnehmer als Verbindung zwischen Leitung und Lkw in Kombination mit einem Diesel-Hybridmotor im Fahrzeug bilden dabei das Kernelement des Systems. Der breite und flache Stromabnehmer am Dach des Lkw kann während des Überholens bei Geschwindigkeiten von bis zu 90 km/h von der Oberleitung abkoppeln und sich später wieder ankoppeln.

Im Dach des Führerhauses befinden sich Sensoren, die genau erkennen, ob sich über dem Fahrzeug eine Oberleitung befindet. Ist dies der Fall, fahren die eingebauten Abnehmer automatisch aus. Diese versorgen dann den Elektromotor des Lastkraftwagens mit Strom. Gleichzeitig lädt sich die mitgeführte Batterie auf.

Der Stromabnehmer ist eine Weiterentwicklung des bereits in Zügen bewährten Systems. Dafür braucht es wie bei der Bahn Strommasten. Diese stehen entlang der Strecke mit zweipoligen Oberleitungen in einer Höhe von gut fünf Metern. Der Strom in den Oberleitungen stammt aus dezentralen Unterwerken, die sich an der Strecke befinden. Sie wandeln den Drehstrom aus dem öffentlichen Energieversorgungsnetz in Gleichstrom mit rund 670 Volt um, der dann in die Oberleitungen geht. Zusätzlich können die Lkw ihre elektrische Bremsenergie in das Versorgungsnetz zurückspeisen. Allerdings gibt es einen Unterschied zur Bahn: Möchte ein Lkw-Fahrer überholen oder endet die Stromoberleitung, schalten sich entweder die Batterie oder ein Dieselgenerator ein.

Vergleich der Antriebskonzepte geplant

Bereits 2012 stellte Siemens den eHighway vor. Der Vorteil der elektrifizierten Strecke liegt in seiner Effizienz. Im Vergleich zu Verbrennungsmotoren verringert sich der CO2-Ausstoß. Außerdem soll auf diese Weise der Energieverbrauch halbiert werden. An der Fahrbahn selbst muss dafür nichts verändert werden. Und auch Trucks ohne Stromabnehmer können weiterhin problemlos darunter fahren. Darüber hinaus will der Daimler-Konzern bis 2020 eine rein batteriebetriebene Sattelzugmaschine entwickeln, die innerhalb des eWayBW-Projekts parallel zu den Hybrid-Lkw die gleichen Aufgaben erfüllen soll. Somit können zwei unterschiedliche Antriebskonzepte unter gleichen Einsatzbedingungen im Realbetrieb getestet und direkt miteinander verglichen werden.

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