08.11.2016 | Olaf Thiel

Lkw-Maut in Europa – unterwegs mit Vignette

Autobahnen, Tunnel, Brücken – fast überall in Europa fallen inzwischen Gebühren für Lkw zu ihrer Benutzung an. Technisch wird die Lkw-Maut dabei durch verschiedene Mautsysteme erhoben. Wo die Maut wie bezahlt werden muss, schildert der aktuelle Blog-Beitrag.

Klar, in Deutschland gibt es eine Mautpflicht für Lkw ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht auf allen Autobahnen und ausgewählten Strecken auf den Bundesstraßen. Aber fährt der deutsche Lkw-Fahrer ins Ausland, muss er auch dort in über 20 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eine nationale Lkw-Maut entrichten. Hinzu kommen Transit- und Anrainerstaaten wie die Schweiz und Russland, die ebenfalls für die Nutzung von Schnellstraßen und nachgelagerten Straßen Gebühren fordern. Und das mit unterschiedlichen Systemen. In einigen Ländern darf man Vignetten an die Windschutzscheibe kleben, in anderen Ländern muss direkt an der Mautstelle bezahlt werden. Und in wieder anderen Ländern wird die Maut automatisch per On-Board Unit erfasst. Wer sich im europäischen Maut-Dschungel zurechtfinden muss, bekommt hier einen Überblick über die Länder und deren Mautsysteme.

Trends in der Lkw-Maut

Mit der Frage, welche Trends sich in der Lkw-Maut abzeichnen, hat sich bereits ein früherer Blogbeitrag beschäftigt.

Lkw-Maut: Zeit versus gefahrene Strecke

Grundsätzlich gibt es zwei Formen der Lkw-Maut: die zeitbezogene und die streckenbezogene Variante. Bei der streckenbezogenen Erhebung der Maut ist die Höhe abhängig davon, wie viele Kilometer tatsächlich auf den mautpflichtigen Straßen gefahren wurden. Die zurückgelegte Strecke wird dann mit dem Mautsatz multipliziert. Dieser ergibt sich unter anderem aus den folgenden Faktoren. Sie können von Land zu Land durchaus unterschiedlich sein: Emissionsklasse, Anzahl der Achsen sowie Gewicht und Größe des Fahrzeugs. Die Mauttarife in Deutschland setzen sich grundsätzlich aus der Emissionsklasse sowie der Achszahl zusammen. Eine Differenzierung anhand des Fahrzeuggewichts erfolgt nicht. Hinzu kommen jeweils noch Maut-Teilsätze für Infrastrukturkosten und Kosten der verursachten Luftverschmutzung. In welchen europäischen Ländern nun konkret streckenbezogene Maut mit einem Fahrzeuggerät erhoben wird, verrät der nächste Blogbeitrag am Donnerstag.

Bei der zeitbezogenen Lkw-Maut erhält der Lkw-Fahrer ein Nutzungsrecht für die Straßen. Das ist von der tatsächlichen Nutzung unabhängig. Die Berechtigung ist zeitlich beschränkt und nicht von der zurückgelegten Strecke abhängig. Meist erwirbt der Fahrer oder der Spediteur dafür eine Vignette. Diese muss dann sichtbar an der Windschutzscheibe aufgeklebt oder elektronisch erfasst werden.

In diesen Ländern gilt die Vignettenpflicht für Lkw

„Elektronische Eurovignette“ für die Niederlande, Luxemburg, Dänemark und Schweden

Die elektronische Eurovignette gilt in den vier Staaten Niederlande, Luxemburg, Dänemark und Schweden für alle Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht ab zwölf Tonnen als Nachweis für die bezahlte Lkw-Maut. Die elektronische Bescheinigung kann an Tankstellen, Grenzstationen oder bei Tankkartenanbietern für einen bestimmten Zeitraum bezogen werden – tageweise oder bis zu einem Jahr. Hierzu werden Daten zu Kennzeichen, Zulassungsland, Schadstoffklasse, Anzahl der Achsen sowie der gewählte Zeitraum elektronisch erfasst. Da es sich um eine elektronische Vignette handelt, die direkt im System des Betreibers eingebucht wird, ist ein Anbringen in der Windschutzscheibe nicht notwendig.

Lkw-Fahrer müssen viele Mautsysteme in Europa kennen

Großbritannien

Seit 2014 ist auch in Großbritannien für alle Lkw ab einem Gesamtgewicht von 12 Tonnen die elektronische Vignette Pflicht. Die „road user levy“ muss vor dem Befahren britischer Straßen über ein Internetportal beglichen werden. Die Kontrolle erfolgt über die Erkennung des Nummernschildes, wobei bereits auf den Fähren kontrolliert wird. Bei Unregelmäßigkeiten, beispielsweise bei einer fehlenden Vignette oder bei Buchung einer falschen Tarifgruppe, droht ein Bußgeld in Höhe von 300 Pfund. Falls diese nicht vor Ort beglichen werden kann, wird das Fahrzeug beschlagnahmt.

Bulgarien und Rumänien

In Bulgarien wird die zeitbezogene Lkw-Maut mittels einer Vignette für alle Autobahnen und Fernstraßen erhoben. Diese sind an allen inländischen Tankstellen zu erwerben. Lkw-Fahrer, die das rumänische Nationalstraßennetz nutzen wollen, benötigen eine elektronische Vignette, die „Rovinieta“. Die Höhe richtet sich nach der Aufenthaltsdauer in dem Land.

Lettland und Litauen

In Lettland gilt ebenfalls ein zeitbezogenes Mautsystem für den Güterkraftverkehr. Die Vignette für das etwa 3.500 Kilometer große Straßennetz kann an ausgewählten Tankstellen und Terminals erworben werden. Sie ist wahlweise gültig für einen Tag, für eine Woche, für einen Monat oder für ein Jahr. Das Nachbarland Litauen erhebt für die Straßen A1 bis A18 ebenfalls eine Lkw-Maut. Dort kann die Vignette an Grenzübergängen erworben werden.

Weiterlesen am Donnerstag: Im nächsten Blogbeitrag geben wir dann eine Zusammenfassung über die Länder mit streckenbezogener Lkw-Maut.

Kommentare (1)

Fränken
08.01.2017 17:41

Mir ist völlig unverständlich, warum die Mitglieder der Europäischen Union sich gegenseitig eine LKW-Maut verrechen, obwohl es einfacher wäre, die LKW-Maut
auf die Mineralölsteuer von Dieselkraftstoff umzulegen. In Deutschland würde die Mineralölsteuer für Dieselkraftstoff von 47 C/l auf ca. 55 C/l steigen.
Fränken