19.12.2019 | Navina Lari

Nachhaltigkeit in der Logistik: Welches sind die Kraftstoffe der Zukunft?

Mit dem sogenannten „Green Deal“ setzt die EU-Kommission auf Nachhaltigkeit. In der vergangenen Woche hat sie einen umfangreichen Plan vorgelegt, um die Überhitzung der Erde abzuwenden und damit katastrophale Folgen so weit wie möglich zu vermeiden. Das Ziel ist, bis 2050 ein klimaneutrales Europa zu schaffen. In Kürze soll ein neues Klimagesetz ein umfassendes Programm beschreiben, das Energieversorgung, Industrieproduktion, Verkehr und Landwirtschafft innerhalb von 30 Jahren klimafreundlich umbaut. Das bedeutet: Europa benötigt eine Strategie für sauberen Verkehr und neue Emissionsgrenzwerte für Autos. Nachhaltigkeit ist hier das Schlüsselwort.

Die immense Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit haben die großen Logistikunternehmen zwangsläufig auch erkannt. So hat sich die Deutsche Post DHL Group in der Studie „Nachhaltige Kraftstoffe für die Logistik“, die im vergangenen Oktober erschienen ist, dem Thema gewidmet. Seit einigen Jahren engagiert sich das Unternehmen für die Entwicklung alternativer Kraftstoffe. Mit einer derart großen Flotte bieten sich Investitionen in diesem Bereich an, da das Unternehmen über die Zeit umfassende Erfahrungen mit verschiedensten Kraftstoffen und Technologien gewinnen kann. So versteht die Unternehmensgruppe seine Mission darin, bis 2050 alle CO2-Emissionen auf null zu reduzieren.

Strategischer Einsatz nachhaltiger Kraftstoffe

Kurzstrecke versus Langstrecke

In der Studie stellt der Konzern die Vor- und Nachteile der einzelnen Antriebsarten vor und bewertet sie. Demzufolge sei die E-Mobilität die bevorzugte Wahl im Transportsektor, jedoch ist der Einsatzbereich derzeit auf Kurzstrecken begrenzt. Im Langstrecken- und Schwerlastbereich ist unter anderem aufgrund von langen Ladezeiten sowie kurzen Reichweiten der batteriebetriebenen Fahrzeuge noch nicht daran zu denken. Bevor Lkw über 7,5 Tonnen auf E-­Mobilität umgestellt werden können, ist die Herausforderung, zumindest übergangsweise, nachhaltige Lösungen zu schaffen, die den unterschiedlichen Anforderungen der Transportwege gerecht werden. Dieses Ziel wird umso dringlicher, vergegenwärtigt man sich die Tatsache, dass ein Großteil der Treibhausgasemissionen durch den Schwerlast- und Langstreckenverkehr verursacht wird.

Globale Treibhausgasemissionen Nachhaltigkeit

Globale Treibhausgasemissionen. Quelle: SLoCaT, Transport and Climate Change Global Status Report 2018

Alternativ versus nachhaltig

Bislang ist noch kein alternativer Kraftstoff gefunden, der mit konventionellen Arten wie Benzin, Diesel und Kerosin hinsichtlich Effizienz und Praktikabilität mithalten kann.
Generell gelten alle Kraftstoffe erst einmal als alternativ, wenn sie nicht zu den eben genannten fossilen Kraftstoffen gehören. Das trifft auch auf flüssiges Erdgas (LNG) und komprimiertes Erdgas (CNG) zu. Nachhaltig sind beide allerdings nicht, da sie fossilen Ursprungs sind. Um das Prädikat der Nachhaltigkeit zu erhalten, müssen alternative Kraftstoffe aus erneuerbaren Quellen stammen und ohne negative Auswirkungen auf Umwelt, Klima oder Gesellschaft verbrannt werden können. Das größte Potenzial für echte Nachhaltigkeit haben laut der Studie Biokraftstoffe und sogenannte E-Fuels.

Biokraftstoffe versus E-Fuels

Der Vorteil von Biokraftstoffen ist insbesondere die leichte Verfügbarkeit. So können sie aus schnell nachwachsenden Energiepflanzen wie Zuckerrüben oder Mais hergestellt werden. In Kombination mit konventionellen Kraftstoffen sorgen Biokraftstoffe nicht nur für eine Senkung der CO2-Emissionen, sondern senken auch den Ausstoß lokaler Luftschadstoffe und bewirken somit eine sauberere Verbrennung. Einer der gängigsten Biokraftstoffe ist Bioethanol, zu dem auch die Sorte E10 gehört, eine Mischung aus 10 Prozent Ethanol und 90 Prozent Benzin. Zu Gunsten der Nachhaltigkeit muss hierbei allerdings auch auf einen nachhaltigen Anbau der Nutzpflanzen geachtet werden.

Bei E-Fuels handelt es sich um synthetische Kraftstoffe, die mittels Strom aus Wasser und Kohlendioxid (CO2) hergestellt werden. Auch hier gilt wieder das ganzheitliche Prinzip der Nachhaltigkeit: Nur sofern der Strom vollständig aus erneuerbaren Quellen erzeugt und das CO2 damit der Atmosphäre entnommen wird, sind E-Fuels nachhaltig. Das Problem ist, die derzeit noch mangelnde Verfügbarkeit von Ökostrom, um E-Fuels tatsächlich klimaneutral produzieren zu können.

Langfristig betrachtet stellen beide Antriebsarten in jedem Fall zukunftsträchtige Alternativen im Bereich der Langstrecke dar, da sie sauberer verbrennen als fossile Kraftstoffe. Dadurch werden Emissionen reduziert und Effizienz und Leistung des Motors können sogar erhöht werden, was eine längere Lebensdauer zur Folge hat.

Nachhaltigkeit in der Praxis

Bis die neuen Technologien jedoch flächendeckend zum Einsatz kommen, gilt es diese zu erproben.

So gibt es beispielsweise seit Mai 2019 ein Pilotprojekt in Deutschland zur Erprobung der E-Autobahn. Auf der A 5 zwischen Frankfurt und Darmstadt können Diesel-Hybrid-Lkw auf einer fünf Kilometer langen Oberleitungsstrecke ihre Batterien aufladen. Durch diese Technologie könnten die für den Schwerlastverkehr bestehenden Nachteile der teuren und schweren Batterien umgangen, und lange Reichweiten durch eine Elektrifizierung ermöglicht werden. Weitere Versuche sind in Nord- und Süddeutschland geplant.

Oberleitunsg-Hybrid-Lkw

Oberleitungs-Hybrid-Lkw

Ein anderes Projekt legt den Schwerpunkt auf Wasserstoff im Schwerlastverkehr. Verschiedene Logistikunternehmen in Deutschland, Belgien und den Niederlanden arbeiten gemeinsam am H2-Share-Projekt des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Drei Monate lang gilt es für die Unternehmen, einen 27 Tonnen schweren, emissionsfreien Wasserstoff-Lkw zu betreiben.

Es bleibt abzuwarten, welche Kraftstoffart sich zukünftig im Bereich des Langstrecken- und Schwerlastbereichs etablieren wird. Gewiss ist in jedem Fall, dass nachhaltige Kraftstoffe zukünftig eine zentrale Rolle spielen werden, um die Auswirkungen von Transport auf das Klima zu verringern. Das gilt es mit den Kriterien wie Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Funktionalität in Einklang zu bringen.

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