Nutzfahrzeugmarkt: Einige Lkw fahren auf der Autobahn bei leicht bewölktem Himmel, grüne Felder und Bäume im Hintergrund
22.02.2021 | Olaf Thiel

Der europäische Nutzfahrzeugmarkt in Zeiten von Corona

Das Jahr 2020 war für die Nutzfahrzeugindustrie enttäuschend. Weltweit sorgte die Corona-Krise und die Kaufzurückhaltung der Spediteure für ein dickes Minus auf dem Nutzfahrzeugmarkt. Der Dachverband der europäischen Fahrzeughersteller (ACEA) hat jetzt sein Resümee gezogen.

Der europäische Nutzfahrzeugmarkt ist infolge der Corona-Pandemie erwartungsgemäß stark eingebrochen: Laut ACEA wurden in der Europäischen Union rund 1,72 Millionen Lkw, Transporter und Busse neu zugelassen. Das entspricht einem Rückgang um 19 Prozent gegenüber 2019. Trotz positiver Marktzahlen im Herbst waren die Verluste in der ersten Jahreshälfte zu aussichtslos für eine Trendwende. Das stärkste Minus gab es bei den schweren Lkw über 16 Tonnen. Hier ist die Nachfrage um 27 Prozent auf 198.000 Einheiten eingebrochen. In der Kategorie über 3,5 Tonnen bei den mittelschweren Lastwagen stand ein Rückgang von fast 26 Prozent zu Buche. Das Transporter-Segment mit Nutzfahrzeugen unter 3,5 Tonnen kam mit rund 18 Prozent vergleichsweise glimpflich davon. Hier wurden insgesamt 1,44 Millionen Fahrzeuge neu zugelassen. Nur das Geschäft mit Anhängern konnte ein leichtes Plus erzielen.

Kein einziger der 27 Märkte blieb von den negativen Entwicklungen des Vorjahres verschont. Alle Länder verzeichneten zweistellige Rückgänge, mit Ausnahme von Dänemark. Von den vier großen Märkten war Spanien am stärksten betroffen (-26 Prozent), gefolgt von Frankreich (-17 Prozent), Italien (-15,1 Prozent) und Deutschland (-15 Prozent).

Nun könnte die ersehnte Erholung eintreten: Schon im Dezember 2020 wurden EU-weit fast 17.000 schwere Nutzfahrzeuge neu zugelassen. Das ist ein Anstieg von zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Allein der polnische Nutzfahrzeugmarkt verbuchte einen Anstieg der Zulassungen um fast 50 Prozent. In Deutschland ging es um 27 Prozent nach oben. Für das Jahr 2021 stehen die Zeichen auf Erholung. Der Verband der Automobilindustrie geht von einem Marktzuwachs in Europa von 15 Prozent für Nutzfahrzeuge über sechs Tonnen aus. Auch in anderen wichtigen Absatzregionen wie Indien, Brasilien und den USA sieht die Lage wieder rosiger aus.

ACEA-Studie liefert spannende Details zum Nutzfahrzeugmarkt

Neben den aktuellen Daten zum Krisenjahr offenbart eine neue ACEA-Studie interessante Fakten zur europäischen Nutzfahrzeugflotte: Derzeit sind rund 6,2 Millionen mittelschwere und schwere Lkw auf Europas Straßen registriert.

Das durchschnittliche Alter der Flotte beträgt 13 Jahre. Fast 98 Prozent davon werden von einem Dieselmotor angetrieben. Nur 0,04 Prozent – rund 2.300 Einheiten in ganzen Zahlen – sind mit einem emissionsfreien Antrieb ausgestattet. Emissionsfrei heißt batterieelektrisch oder mit grünem Compressed Natural Gas (CNG) betrieben. Derzeit sind 41 batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge bei Toll Collect registriert.

Weißer Scania Lkw tankt an einer Stromladesäule

Scania setzt ab 2021 auf Batteriebetrieb. Foto: ampnet

In Polen sind 1,2 Millionen Zugmaschinen gemeldet. In keinem EU-Staat gibt es mehr. An zweiter Stelle kommt Deutschland mit über eine Million und Italien mit knapp 950.000 Lastkraftwagen. In Griechenland sind die Nutzfahrzeuge im Schnitt 21 Jahre alt und damit die Dienstältesten in der EU. Die jüngste Flotte kommt aus Österreich mit einem Durchschnittsalter von 6,4 Jahren.

EU-weit sind mehr als 28 Millionen Transporter im Umlauf. Davon sind 90 Prozent mit einem Diesel-Motor ausgestattet. Lediglich 0,3 Prozent verfügen über einen batterieelektrischen Antrieb. Das Durchschnittsalter liegt bei 11,6 Jahren. Die mit Abstand größte Anzahl von Transportern hat Frankreich mit sechs Millionen Einheiten.

Hier geht es zur Studie: https://www.acea.be/uploads/publications/report-vehicles-in-use-europe-january-2021.pdf

Kommentare (2)

Michael Niedermaier
21.04.2021 17:17

Interessante Studie! Finde die Zahlen echt beeindruckend, wenn man mal genauer darüber nachdenkt. Insbesondere im Hinblick darauf, wie gering nur der Anteil der elektrischen Nutzfahrzeuge ist... Auf der anderen Seite ist das aber auch nachvollziehbar. Warum sollten funktionsfähige LKW´s einfach ersetzt werden, wenn sie noch einige Jahre gute Laufzeit haben... Das wird einfach dauern, bis Stück für Stück mehr E-LKW´s eingesetzt werden. Ich habe letztens gelesen, dass sie in München jetzt den ersten vollelektrischen LKW bei der Müllabfuhr eingesetzt haben. Das finde ich einen tollen Anfang und hat auch Symbolik. Mal sehen wann mehr nachrücken.
Bleibt abzuwarten ;-).
LG Michael.

26.04.2021 17:05

Hallo Michael,
vielen Dank für deine Einschätzung zum Thema E-Lkw bzw. Nutzfahrzeugmarkt allgemein.
Viele Grüße
Jana