10.08.2017 | Olaf Thiel

Nachhaltigkeit auf der Straße: Dieselmotoren optimal nutzen

Die Transport- und Logistikbranche diskutiert und spekuliert aktuell viel über alternative Antriebe und Kraftstoffe. Doch Dieselmotoren will noch niemand wirklich aufgeben. Denn auch hier ist noch viel Luft nach oben beim Thema Schadstoff- und Verbrauchsreduzierung.

Das langfristige Ziel der emissionsfreien Logistikkette ist nach heutigem Stand der Technik wohl nicht ohne neue Elektroantriebe zu erreichen. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass die Branche mittelfristig noch mit Dieselmotoren rechnen muss. Der International Council on Clean Transportation (ICCT) sieht in einer Studie noch große Potenziale zur CO2-Reduktion bei Sattelzügen und Nahverkehrs-Lkw.

Der ICCT-Bericht fasst dabei die Ergebnisse aus einer Serie von Fahrzeugsimulationen zusammen. Er zeigt zum einen den aktuellen Stand der CO2-Emissionen heutiger Lkw in der EU auf, sowie zum anderen das technische Potenzial zur Verringerung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen mit Blick auf den Zeitraum 2020 bis 2030. Die Analyse konzentriert sich hierfür auf zwei Fahrzeugsegmente des Güterverkehrs-Einsatzspektrums: Sattelschlepper-Lkw für den Einsatz auf der Langstrecke sowie kleinere Lkw für den städtischen Verteilerverkehr. Beide Segmente zusammen sind für etwa 85 Prozent der CO2-Emissionen von Lkw und Bussen verantwortlich.

Die aktuelle Ausgangslage

Derzeit liegt der Kraftstoffverbrauch einer typischen europäischen 40-Tonnen 4×2 Sattelzugmaschine im Langstreckenbetrieb bei rund 33 l/100km. Der Kraftstoffverbrauch eines typischen europäischen 12-Tonnen 4×2 Verteiler-Lkw im städtischen Verteilerverkehr liegt bei 21,4 l/100km. Die ICCT-Studie hat die Einsparpotenziale für Dieselmotoren der Langstrecken-Lkw und der Verteiler-Lkw für zwei unterschiedliche Zeiträume untersucht. Zum einen geht es um mittelfristige Einsparpotenziale in den Jahren bis 2025, zum anderen um die langfristigen Ziele bis zum Jahr 2030.

Potenzial Langstrecke

Volvo erprobt den ersten Fernverkehr-Lastwagen mit Hybridantrieb. Im Verbund mit Maßnahmen bei der Aerodynamik, dem Rollwiderstand und dem Gewicht sollen der Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß gegenüber einem konventionellen Lkw um etwa 30 Prozent sinken. Foto: Volvo

Der ICCT kommt zum Ergebnis, dass der Kraftstoffverbrauch mittelfristig im Betrieb auf der Langstrecke um insgesamt 27 Prozent gesenkt werden kann. Dies entspricht einer Reduktion des Kraftstoffverbrauchs von knapp 33 Litern auf 24 Liter pro 100 Kilometer.

Das langfristige Verbesserungspotenzial für Sattelzug-Lkw liegt im Vergleich zu heute bei einer Absenkung des Kraftstoffverbrauchs im Langstreckenbetrieb um ca. 43 Prozent. Dies kann allein mit Hilfe heute bereits bekannter, jedoch noch nicht weit verbreiteter Technologien erreicht werden und entspricht einer Reduktion des Kraftstoffverbrauchs auf 18,9 l/100km.

Potenzial städtischer Verteilerverkehr

Unter Verwendung heute verfügbarer Technologien kann der Kraftstoffverbrauch eines 12-Tonnen Verteiler-Lkw mittelfristig um ca. 23 Prozent gesenkt werden, so der ICCT. Dies entspricht einer Reduktion des Kraftstoffverbrauchs von 21,4 Litern auf 16,5 Liter pro 100 Kilometer.

Das in der Studie betrachtete Technologiepaket zur Berechnung des langfristigen Verbesserungspotenzials von Verteiler-Lkw besteht, mit Ausnahme des Hybrid-Antriebs, zumeist aus Technologien, die heute noch nicht kommerzialisiert sind. Bei Einsatz entsprechender Technologien kann der Kraftstoffverbrauch um 43 Prozent gesenkt werden. Der Kraftstoffverbrauch könnte sich von 21,4 Liter auf sogar nur 12 Liter pro 100 Kilometer bis zum Jahr 2030 reduzieren.

Der Volkswagen Transporter der neuesten Generation als Kastenwagen ist laut Den Fachzeitschriften Verkehrsrundschau und Trucker sparsamer und mit weniger Emissionen unterwegs als seine Mitbewerber. Foto: Volkswagen

Lkw und Dieselmotoren wirtschaftlicher fahren

Neben allen Simulationen und Studien sind natürlich die Berufskraftfahrer besonders gefragt, wenn es um ökonomisches und ökologisches Fahren geht. Die effektive Umsetzung der tiefgreifenden Kenntnisse über die Technologien des eigenen Fahrzeugs ist eine wichtige Voraussetzung für dauerhaft gute Ergebnisse. Durch das richtige Know-how lassen sich Verbrauch und Emissionen sowie der Verschleiß messbar reduzieren. Eine bedeutende Rolle spielt dabei für die Fahrer vor allem das vorausschauende Fahren.

Dazu bieten die Lkw-Hersteller gezielte ECO-Trainingsmaßnahmen an, mit denen sich nachweislich 10–14 Prozent Kraftstoff einsparen lassen. Dies ist kein Marketing-Gag, denn diese Einsparung lassen sich konkret belegen. Zum Beispiel zeigt das ECO-Training bei Mercedes-Benz, wie sich mit nur drei Trainingsfahrten der Treibstoffverbrauch deutlich senken lässt: Über vier Stunden Praxistraining und eine genaue Analyse der eigenen Fahrweise helfen den Teilnehmern dabei, ihren Verbrauch langfristig und nachhaltig zu reduzieren.

Versierte Trainer vermitteln Kenntnisse zum Thema vorausschauendes Fahren als ECO-Prinzip sowie Informationen zu den Einflüssen von Aerodynamik, Reifen, Fahrweise und anderen Faktoren auf den Kraftstoffverbrauch. Bei den Ein- und Ausgangsfahrten jedes Teilnehmers zeichnen die Trainer akribisch die relevanten Fahrwerte auf, analysieren diese mit den Fahrern und werten die Daten anschließend aus.

Telematik hilft sparen

Die moderne Telematik bietet allen Fahrern große Unterstützung, die eigene Fahrweise zu optimieren und den Kraftstoffverbrauch für Dieselmotoren sowie den Verschleiß am Fahrzeug zu reduzieren. Die Telematik beschäftigt sich dabei mit der Erfassung, Verarbeitung und Darstellung von Daten. Ähnlich wie im Motorsport werden zahlreiche Aggregatzustände und Daten gemessen: vorausschauende Fahrweise, Höchstgeschwindigkeit, anfahren, bremsen, Drehzahlen, eingesetzte Re-/Intarder, fahren und schalten im Volllastbetrieb, fahren und schalten im Teillastbetrieb und Gaspedalbewegung.

Zum „Green Truck of the Year“ wurde 2017 der Scania R 450 Highline von den Fachzeitschriften Verkehrsrundschau und Trucker gekürt. Er kommt mit einem Durchschnittsverbrauch von 23,7 Litern Diesel aus und ist damit die effizienteste Sattelzugmaschine bis 40 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht. Foto: Scania

Nach einem ECO-Training sind nahezu alle Teilnehmer theoretisch und praktisch in der Lage, den Diesel-Verbrauch künftig um rund einen 1 Liter auf 100 km zu senken. Bei einer Fahrleistung von wenigstens 100.000 Kilometern im Jahr sind das allein bei einem Fahrer schon 1.000 Liter weniger Verbrauch! Das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für das Budget der Spedition. Es geht aber nicht nur um die Reduzierung des Sprit-Verbrauchs. Eine vorausschauende Fahrweise wirkt sich auch positiv auf die Verschleißteile des Lastwagens aus. Das gilt sowohl für Bremsbeläge und Bremsscheiben von Zugmaschine und Anhänger bzw. Auflieger, als auch den Verschleiß von Kupplung und Reifen, deren Ersatz ebenfalls teuer zu Buche schlagen kann.

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